Regelmäßig Sport treiben, weniger Fleisch essen, abnehmen oder ungesunde Lebensmittel weglassen. Wir alle haben gute Vorsätze, aber etwas umzukrempeln fällt uns schwer. Was hilft, die Gewohnheiten zu ändern? Mit den richtigen Tipps können wir sie ablegen. kochenOHNE gibt das Hintergrundwissen aus der Gehirnforschung.
Fast jeden Tag aufs Neue warnen Experten vor den Folgen, wenn wir uns nicht gesund ernähren und uns nicht einen gesunden Lebensstil mit Sport aneignen. Sie appellieren an unsere Einsicht, an unseren Verstand. Und die meisten Menschen wollen sogar etwas ändern. Viele fühlen sich bereit, zum Beispiel mehr Obst und Gemüse zu essen, viele können sich auch vorstellen vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen. Trotzdem schaffen es die meisten Menschen nicht.
Der Grund ist in der Wissenschaft längst bekannt: Auch wenn wir glauben, dass unser Wille unser Handeln lenkt - es ist nicht so. Der Verstand ist tatsächlich nicht der Chef unseres Handelns. Zwischen 30 und 50 Prozent unserer täglichen Entscheidungen laufen automatisch ab. Wo und was kaufe ich ein, was esse ich, wie komme ich zur Arbeit und wie gestalte ich meine Freizeit? Das Gehirn strebt danach, alles Bekannte zur Routine werden zu lassen, nur um nicht mehr darüber nachzudenken zu müssen. Grundsätzlich ist das auch gut so, denn würden wir tagtäglich über das Anhalten an der Ampel, das Atmen oder den Weg zum Supermarkt grübeln, hätten wird keinen freien Kopf, um zu planen oder Radieschen zu pflanzen. Ohne Gewohnheiten wäre unser Gehirn überfordert von den Details des Alltags. Sie geben uns Stabilität und das Gefühl von Sicherheit. Leider unterscheidet das Gehirn nicht zwischen guten und schlechten Gewohnheiten. Hat sich ein Verhalten einmal eingeschliffen, ist es sehr schwer, es zu ändern, egal wie fest wir es uns vornehmen. Es ist so schwer, weil die Steuerung in einem Bereich des Gehirns geschieht, der nicht bewusst kontrolliert werden kann. Außerdem belohnt uns der Körper immer dann mit Wohlgefühl mittels körpereigener Opioide, wenn wir uns verhalten wie immer. Darum verselbstständigt sich das Türabschließen genauso wie der Griff zum Schokoriegel. Dennoch sind Gewohnheiten nicht unser Schicksal. Jeder kann eingeschliffene Verhaltensweisen umprogrammieren.
Mithilfe folgender Tipps zur Änderung von Gewohnheiten und Beharrlichkeit ist dies leichter zu schaffen.
Man sollte es sich möglichst einfach machen. Wer mit dem Laufen anfangen will, sollte spätestens im Sommer damit beginnen, um die Umgewöhnung ohne abschreckende Wintermonate zu schaffen. Wer Fasten möchte, sucht sich eine Zeit ohne Feierlichkeiten, bei denen die leckersten Speisen und Getränke aufgetischt werden. Außerdem lassen sich Gewohnheiten zu bestimmten Zeiten viel leichter ändern: Teachable Moments nennen Wissenschaftler diese Zeiten, in denen das Gehirn durch eine Veränderung im Leben bereits auf Wandel getrimmt ist: ein Umzug, ein neuer Partner oder eine Trennung, ein neuer Arbeitsplatz, eine Genesung, das erste Kind oder der Einstieg in den Ruhestand. Nutzen Sie daher Zeiten des Umbruchs für Ihre Ziele.
Für zielgerichtetes Denken und Handeln helfen die Hormone Cortisol und Noradrenalin. Wenn wir Stress haben, produziert der Körper weniger davon, das Gehirn stellt dann auf Autopilot und es wird schwerer, Gewohnheiten zu ändern. Haben Sie gerade stressige Abgabetermine auf der Arbeit, wird es schwerer auf Kaffee oder Zigaretten zu verzichten und es besteht die Gefahr, dass Sie aufgeben.
Nicht immer wird man durch die Änderung der Gewohnheit von selbst belohnt oder einfach nicht schnell genug, zum Beispiel wenn durch gesunde Ernährung oder mehr Sport Beschwerden verschwinden sollen oder wenn durch Verpackung sparendes Einkaufen die Umwelt geschont wird. Die schwammige Aussicht, durch das Laufen irgendwann schlanker zu werden, reicht nicht. Der Lohn muss konkret und direkt sein, wie zum Beispiel ein schönes Frühstück oder ein toller Film. Daher sollten sie sich selbst belohnen, denn Belohnungen sind eine gute Motivation für Veränderungen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sich Menschen für seltene große Belohnungen am meisten anstrengen. Darum sollte die Belohnung unbedingt variieren und nicht jeder tütenlose Einkauf oder jede fleischlose Mahlzeit ein Geschenk bringen. Wer eine Gewohnheit jedoch für längere Zeit ablegt, darf sich dann gern mit einer besonderen Reise nach New York oder Amsterdam belohnen.
Wer Gleichgesinnte mit demselben Ziel findet, ist besser motiviert. Ob ein veganer Stammtisch, eine Laufpartnerin oder eine Community im Internet: Die Gemeinschaft erhöht den Glauben daran, dass es möglich ist, etwas zu ändern. Auch gegenseitiges Lob und regelmäßiger Austausch erhöhen die Motivation und helfen damit, ausgetretene Pfade zu verlassen. Gemeinsam macht vieles mehr Freude und erhöht zusätzlich den Druck von außen. Etwa, indem man sich mit anderen zum Laufen verabredet oder weil man genau weiß, die anderen fragen beim nächsten Treffen nach Erfolgen. Genauso hilft es bereits, wenn Sie Freunden, Bekannten und Familie von Ihren Vorsätzen erzählen. Sie schaffen damit positiven Druck.
Alltägliche Handlungen wiederholen wir meist an einem speziellen Ort, zu einer gewohnten Zeit, in gewissen Stimmungslagen oder mit ausgewählten Menschen. Wer sein Verhalten ändern möchte, sollte daher wenn möglich den Kontext ändern. Ein Alkoholiker sollte nicht in Kneipen gehen, wenn er trocken bleiben möchte.
Das automatisierte Verhalten ist fast immer an Auslösereize gekoppelt. Diese Signale lösen das verinnerlichte Verhalten automatisch aus. So merken wir oft erst, wenn es schon zu spät ist, dass wir uns wieder wie gewohnt verhalten. Finden Sie daher ihren Auslösereiz und machen sich so Ihr Verhaltensmuster bewusst. Lernen Sie den Auslösereiz zu erkennen, bevor er wirkt. Nur so können Sie aktiv eingreifen und das Verhalten verändern. Beim Einkauf im Supermarkt hilft es zum Beispiel 15 Sekunden bewusst darüber nachzudenken, ob man die Chipstüte wirklich zu Hause haben möchten. Wer aufhören will zu rauchen, sollte herausfinden, wann er automatisch zur Zigarette greift, z. B. beim ersten Kaffee.
Mit jeder gewohnheitsmäßigen Handlung stillen wir ein Verlangen, das uns motiviert. Jedes Mal, wenn wir unsere Gewohnheit ausführen, erhalten wir eine Art Belohnung, z. B. die Entspannung beim Rauchen einer Zigarette oder die Geborgenheit, die ich mir gebe, wenn ich Schokolade esse. Erkennen sie Ihr Motiv und fragen Sie sich, wie Sie das Verlangen anders stillen können. Suchen Sie sich genau dafür eine Ersatzhandlung. Geborgenheit können Sie sich beispielsweise anstatt mit Schokolade auch mit einer Kuscheldecke oder einer Tasse Tee geben.
Nur wenige Menschen schaffen von heute auf morgen große Veränderungen und oft nur in bedrohlichen Situationen. Bei großen Zielen hilft es, sie in kleine Schritte aufzuteilen. Anstatt sofort einem großen Ziel nachzueifern, erklimmt man dieses manchmal besser in mehreren Etappen. Ganz nach dem Motto „Rom wurde nicht an einem Tag gebaut“. Dieses Vorgehen hilft durchzuhalten. Anstatt sich vorzunehmen, nie wieder in seinem Leben Fast Food zu essen, fast man den Vorsatz, heute ein gesundes Essen zu wählen. Kleine Erfolge treiben an und können über einen schweren Anfang hinweghelfen.
Für eine Änderung der Gewohnheiten ist Durchhaltevermögen gefragt. Nur wer lange durchhält, kann Gewohnheiten dauerhaft etablieren. Wie lange dies dauert, hängt konkret vom gewünschten Verhalten ab. Im Durchschnitt dauert es mehr als 2 Monate, bis eine Gewohnheit automatisch abläuft. Bei Essgewohnheiten gehen Wissenschaftler davon aus, dass es mindestens zwei Jahre dauert, bis das neue Verhalten stabil ist. Hier ist es daher besonders wichtig, sich nicht mit zu großen Zielen zu überfordern und wenn Sie es mal nicht schaffen, lassen Sie sich nicht entmutigen. Machen Sie einfach beim nächsten Mal weiter.
Was mache ich? Wo? Wie? Mit wem? So wird das Ziel klarer und schafft die Voraussetzung, um es zu erreichen. Ein vager Vorsatz wie „Ich will mehr Sport treiben“, reicht nicht aus. Besser Sie konkretisieren es: „Ich werde jeden Montag zum Tischtennis gehen und freitags mit dem Fahrrad zu Arbeit fahren“. Machen Sie sich auch Gedanken darüber, was passiert, wenn etwas dazwischen kommt. Wenn sie laufen wollen und es plötzlich regnet oder wenn Sie Fasten und unerwarteter Besuch auftaucht? Lässt man sich bei Unerwartetem mehrfach abhalten, fühlt man sich inkonsequent und es besteht die Gefahr ganz abzubrechen. Ein Wenn-dann-Plan hilft: Wenn es regnet, dann laufe ich mit Regenjacke, die ich mir heute besorge und nasse Schuhe sind kein Problem, ich kann Sie anschließend waschen.
Eine Gewohnheit kann man nur ändern, wenn man sich bewusst dafür entscheidet. Hier hilft es, sein gewähltes Ziel samt positiven Auswirkungen aufzuschreiben. Je konkreter das Ziel ist und je besser man es vor Augen hat, desto leichter ist es durchzuhalten. Schreiben Sie ihr Ziel daher nicht nur auf, sondern hängen Sie es sich dort auf, wo sie es täglich sehen. Wenn Sie sich gesunder ernähren möchten, schreiben Sie zum Beispiel auf: "Ich will täglich viermal Obst und Gemüse essen und lasse Süßigkeiten weg, damit ich gesund, schlank und leistungsfähig bleibe.
Beim Sport ist es sehr verbreitet: Viele Sportler führen ein Trainingstagebuch, das Häufigkeit, Trainingsdauer, Distanz und Herzfrequenz protokolliert. Dies kann man aber für jede Gewohnheitsänderung machen und festhalten, ob und wie oft man erfolgreich war. Schreiben sie z. B. für jeden Einkauf ohne Tüte ein "E+" in Ihren Kalender und für jeden, an dem Sie den Jutebeutel vergessen haben ein "E-". So behält man den Überblick über Erfolge, Fortschritte und auch Patzer und spornt sich selbst an.
Verhaltensmuster erkennen lernen, sie stoppen und durch neue, passendere ersetzen. Nach diesem Prinzip arbeiten auch Verhaltenstherapeuten. Am Beispiel "weniger Fleisch essen" werden die Schritte einer Verhaltensänderung deutlicher:
Schritt 1
Fleischkonsum schadet Klima, Tieren und meiner Gesundheit. Ich möchte nur noch einmal in der Woche qualitatives Bio-Fleisch aus artgerechter Haltung essen und den Rest der Woche vegetarisch leben.
Schritt 2
Wann, wo und wie will ich erstmals ein neues Gericht ohne Fleisch kochen? Was könnte ich stattdessen essen und ohne große Mühe zubereiten? Wo kann ich Tofu kaufen? Was esse ich in der Mittagspause?
Schritt 3
Anblick, Geruch von Fleischgerichten lösen bei mir Verlangen danach aus. Auch in der Vorstellung. Wann und in welchen Situationen passiert das? Beim Einkauf? In der Mittagspause? Ich erinnere mich daran, wie Tiere leiden, geschlachtet werden oder wie Sie Medikamente verabreicht bekommen. Ich fange an, mir leckere vegetarische Speisen vorzustellen. Immer montags nachdem Zähneputzen plane ich meine fleischlosen Gerichte und schreibe einen Einkaufszettel. So lassen sich mentale Verbindungen herstellen. Mit der Zeit aktiviert der Reiz „Zähneputzen am Montagmorgen“ automatisch das Bedürfnis „Einkaufsliste“.
Schritt 4
Ich habe das Gefühl, nur mit Fleischgerichten richtig satt zu werden, ich fühle mich gestärkter damit und denke damit besonders viele Nährstoffe zu bekommen. Stimmt das wirklich? Finden Sie Gegenbeispiele und erinnern sich daran. Wenn ich zwei Wochen lang durchhalte, gönne ich mir einen extra Kaffee in Ihrem Lieblingskaffee oder eine teure Zeitschrift.
Schritt 5
Schmecken mir die neuen Gerichte? Muss ich mir neue suchen? Was, wenn Freunde mich zum Essen einladen? Was tun, wenn ich plötzlich einen Hamburger essen will? Nur so lässt sich der Rückfall in alte Muster verhindern.