Die Zöliakie ist eine Überempfindlichkeit gegen Gluten, dem sogenannten Klebereiweiß. Sie wird auch Glutenunverträglichkeit oder glutensensitive Enteropathie genannt.
Gluten ist Bestandteil der meisten Getreidesorten. Vor allem findet man es in Weizen, Dinkel, Roggen, Grünkern und Gerste. Diese genetisch bedingte Erkrankung ist chronisch und führt zu einer Entzündung der Dünndarmschleimhaut. Die Zöliakie ist eine sogenannte Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen körpereigenes Gewebe richtet.
Die Zöliakie ist in den meisten Industrieländern eine der häufigsten lebenslangen Erkrankungen. Sie tritt bei etwa einem von 200 Menschen auf.3
Der Dünndarm nimmt die Nahrung über die Darmschleimhaut auf und zerlegt diese in ihre Bestandteile. Um die Zufuhr von Nährstoffen möglichst gut aufnehmen zu können, besitzt der Darm sogenannte Darmzotten, die die Aufnahmefläche vervielfachen.
Bei Zöliakiekranken löst der Glutenbestandteil Gliadin in der Dünndarmschleimhaut immunologische Reaktionen aus.
Dadurch entzündet sich die Darmschleimhaut des Dünndarms chronisch und schädigt diese so sehr, dass die Darmzotten sich immer weiter zurück bilden. Nährstoffe können dadurch nur schlecht aufgenommen werden, Lebensmittel bleiben unverdaut im Darm und es entsteht außerdem ein Mangel an Verdauungsenzymen.
Es kursieren viele Begriffe, die größtenteils synonym für das Krankheitsbild der Zöliakie verwendet werden:
Einzig die Begriffe der Weizenunverträglichkeit oder Glutensensitivität und die Weizenallergie sind von der Zöliakie klar abzugrenzen. Da die Begriffe häufig irrtümlich vertauscht werden, wird in Fachkreisen bei der Weizen- oder Glutensensitivität auch von der
gesprochen.
Die Weizenunverträglichkeit ist als Krankheitsbild bisher nicht eindeutig beschrieben und ergründet. Es gibt bis heute keine verlässlichen messbaren Indikatoren für eine Glutensensitivität. Sie ist wenig erforscht und auch umstritten.
Sie liegt vor, wenn eine Zöliakie und eine Weizenallergie diagnostisch ausgeschlossen sind und bei einer glutenfreien Diät eine Besserung von Symptomen eintritt.
Die Krankheitszeichen der Zöliakie und der Schweregrad können sehr unterschiedlich sein. Die Erkrankung kann sich über nur ein einziges Symptom bemerkbar machen. Es überwiegen sogar die Verläufe, bei denen nur wenige oder einzelne Symptome auftreten.2 Aufgrund dieser Unterschiedlichkeit wird die Diagnose einer Zöliakie häufig spät oder gar nicht gestellt.1
Die Symptome entstehen durch entzündliche Prozesse im Darm und auch durch die schlechte Aufnahme der Nährstoffe (u.a. Vitamine und Mineralstoffe) durch den Darm (Malabsorption).
Häufige Symptome bei Kindern und Erwachsenen sind 2,3,4,5,10:
Zöliakie ist ein komplexes Krankheitsbild, das durch genetische und äußere (exogene) Faktoren verursacht wird. Die komplexen Zusammenhänge sind bisher noch nicht vollständig geklärt.
Familienmitglieder ersten und zweiten Grades eines Zöliakie-Erkrankten haben ein deutlich höheres Risiko, an einer Zöliakie zu erkranken. Sie sind in 10-15% der Fälle auch betroffen.
Die zahlreichen Gene, die die erbliche Veranlagung steuern, sind jedoch noch nicht bis ins Detail erforscht. Wichtig unter diesen sind einige Faktoren des HLA-Systems, einem Genkomplex, dessen Aufgabe es ist, körperfremde Moleküle zu erkennen. Bei den meisten Zöliakiebetroffenen (mindestens 95 %) werden die so genannten Genotypen HLA-DQ2 bzw. HLA-DQ8 festgestellt. Die HLA-DQ2/DQ8 sind zwar notwendig, damit sich die Krankheit entwickeln kann, doch sie sind nicht alleine dafür verantwortlich. Dieselben genetischen Faktoren wurden auch bei einer großen Anzahl von gesunden Menschen (20-30 % der allgemeinen Bevölkerung) beobachtet.
Neben der erblichen Veranlagung für eine übermäßige Immunreaktion gibt es zwei äußere Faktoren, die zur Erkrankung an Zöliakie führen:
Vermutet wird darüber hinaus, dass schwere Magen-Darm-Infektionen die Krankheit auslösen.
Auch die Dauer der Stillzeit im Säuglingsalter, die Ernährung oder die Einnahme bestimmter Medikamente könnten bei der Entwicklung der Krankheit eine Rolle spielen.
Die Anzahl der diagnostizierten Zöliakie-Erkrankten hat sich über die letzten Jahre deutlich erhöht. Neue Untersuchungen zeigen, dass die Häufigkeit zwischen 1:200 und 1:500 liegt.
In Deutschland ist etwa einer von 200 Menschen von Zöliakie betroffen.3
Nur 10 bis 20 % der Betroffenen haben eine Zöliakie mit den klassischen Symptomen. 80 bis 90 % haben wenige oder keine Symptome und wissen daher oft nichts von ihrer Erkrankung.
Ein Ausbruch der Erkrankung ist in jedem Lebensalter möglich. Am häufigsten beginnt die Erkrankung jedoch zwischen dem 1. und 8. Lebensjahr oder zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr.2
Die häufigste Begleiterkrankung einer Zöliakie ist der Diabetes mellitus Typ 1, bei dem Antikörper gegen die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse gebildet werden. Etwa fünf bis zehn Prozent aller Personen mit Zöliakie sind auch an einem Typ-1-Diabetes erkrankt.
Auch Hashimoto-Thyreoiditis, eine entzündliche Erkrankung der Schilddrüse und ebenfalls eine Autoimmunerkrankung, tritt häufig wechselseitig zusammen mit einer Zöliakie auf. 3
Eine Zottenschädigung im Dünndarm führt oft zu einem Mangel an dem Verdauungsenzym Laktase. So kann bei unbehandelter Zöliakie und in den ersten Wochen bis Monaten nach Beginn der glutenfreien Diät eine Laktoseintoleranz auftreten. Die Symptome der Laktoseintoleranz sind denen Zöliakie ähnlich. In dieser Zeit sollten Zöliakie-Erkrankte auf Lebensmittel, die Milchzucker (Laktose) enthalten, verzichten und auf laktosefreie Lebensmittel ausweichen. Laktosearme und laktosefreie Rezepte finden Sie auf kochenOHNE. Speziell für die Ernährung bei Zöliakie und gleichzeitiger Laktoseintoleranz suchen Sie laktosearme und glutenfreie Rezepte über unsere individuelle Suche.
Sobald sich die Dünndarmschleimhaut unter glutenfreier Ernährung wieder regeneriert hat, bildet sich die Intoleranz auf Laktose in der Regel wieder zurück.
Die Zöliakie wird als eine der häufigsten Ursachen für eine Knochenstoffwechselstörung angesehen. Etwa 20 bis 50 % der neu diagnostizierten Zöliakie-Betroffenen zeigen eine Verminderung der Knochendichte (Osteopenie bis Osteoporose). Hierfür scheint nicht nur die verminderte Aufnahme von Calcium und Vitamin D verantwortlich zu sein – vermutlich schädigen auch Entzündungsmediatoren die Knochensubstanz.
Dermatitis herpetiformis Duhring ist eine Hautkrankheit mit bläschenförmige, Hautausschlag und starkem Juckreiz. Sie tritt nur in Verbindung mit einer Zöliakie auf. Die Krankheit verläuft in unterschiedlich starken Schüben. Besonders betroffen sind Ellenbogen und Knie.
Es besteht eine erhöhte Gefahr an Lymphdrüsen-Krebs (Lymphom) und an Krebstumoren von Speiseröhre, Magen oder Darm zu erkranken, wenn die Zöliakie nicht therapiert wird. Durch Einhaltung der glutenfreien Ernährung wird dieses Risikos jedoch innerhalb von 5 bis 10 Jahren auf das der Gesamtbevölkerung minimiert.
Folgende Personengruppen haben ein erhöhtes Risiko, an Zöliakie zu erkranken:2
Patienten mit einer der folgenden Autoimmunerkrankungen:
Patienten mit einer der folgenden Erkrankungen:
Bei Personen dieser Risikogruppen sollte ärztlich abgeklärt werden, ob eine Zöliakie besteht.
Bei Verdacht auf Zöliakie erfolgt die Diagnose bei einem Facharzt, dem Gastroenterologen. Für Kinder gibt es spezielle Kinder-Gastroenterologen.
Wichtig ist, dass sowohl die Blutuntersuchungen auf Antigen-Antikörper-Reaktionen, als auch die Dünndarmbiopsie vor Beginn einer glutenfreien Ernährung durchgeführt werden. Wurde bereits auf eine glutenfreie Kost umgestellt, sollte mindestens 4 (besser 10 bis 12) Wochen ohne Diät gelebt werden.
In der Regel werden die Vorgeschichte des Patienten und das Beschwerdebild zu Beginn der Behandlung in einem Gespräch mit dem Arzt genau ermittelt und analysiert (Anamnese).
Es werden Gewicht, Größe, Body-Mass-Index und gegebenenfalls der Pubertätsstatus ermittelt und erfasst.
Bei der Dünndarmbiopsie wird eine Kamerasonde an einem dünnen Schlauch über Mund, Speiseröhre und Magen in den Dünndarm geschoben. Entnommen werden 6 Gewebeproben aus verschiedenen Regionen des ersten kurzen Abschnitts des Dünndarms, dem Zwölffingerdarm. Die Untersuchung wird endoskopisch durchgeführt und dauert meist ca. 10 bis 15 Minuten.
Die Proben werden im Labor von einem Pathologen unter dem Mikroskop untersucht. Er erkennt, ob eine Schädigung vorliegt und ermittelt den Schweregrad der Erkrankung anhand der sogenannten Marsh-Kriterien. Die Skala umfasst sechs Stufen von Typ 1 (normal) bis Typ 3c (schwerste Ausprägung). Für die Einstufung sieht sich der Arzt folgendes an:
Unter ganz bestimmten Bedingungen kann bei Kindern in Ausnahmefällen auf die Biopsie verzichtet werden. Details erfahren sie bei einem speziellen Kinder-Gastroenterologen.
Eine genetische Untersuchung wird nur zusätzlich durchgeführt, wenn
Dabei wird das Blut auf einen positiven Zustand der Gene HLA-DQ2 und/oder HLA-DQ8 untersucht, denn diese sind bei mehr als 97 % der Zöliakiepatienten nachweisbar. Eine Negativität für HLA-DQ2 und HLA-DQ8 schließt eine Zöliakie also sehr wahrscheinlich aus.
Es können sämtliche Veränderungen, die typisch für eine Zöliakie sind, auch bei anderen Erkrankungen gefunden werden. Daher ist die klare Besserung der Symptome unter glutenfreier Ernährung ein wichtiges zusätzliches Diagnosekriterium. Für eine gute Umsetzung der Ernährungsumstellung, sollte eine Diätberatung durch eine erfahrene Diätassistenz erfolgen. Idealerweise findet die Beratung direkt nach der Diagnosestellung statt und wird ein zweites Mal nach vier Wochen wiederholt und ergänzt.
Eine Glutenbelastung (Provokation) zur Bestätigung der Diagnose einer Zöliakie ist nicht gängig, sondern nur in besonderen Fällen angeraten.
Wichtiger Hinweis! Nicht geeignet zur Feststellung einer Zöliakie sind:
Nachdem die Diagnose Zöliakie feststeht, wird eine glutenfreie Diät verordnet.
In der weiteren Behandlung wird dann:
Nach dieser Begutachtung werden eventuell weitere Maßnahmen getroffen.
Die jährlichen Kontrolluntersuchungen werden empfohlen, um Mangelerscheinungen, Komplikationen und Folgeerkrankungen der Zöliakie auszuschließen. Außerdem sollten jährlich die Antikörper zur Bestätigung des konsequenten Befolgens bzw. dem Ansprechen der Zöliakie-Diät bestimmt werden. Negative TTG-Antikörper weisen auf eine gute Einhaltung der Diät durch den Patienten hin.
Eine erneute Dünndarmbiopsie zur Verlaufskontrolle wird bei gutem Ansprechen auf eine glutenfreie Ernährung nur in Ausnahmefällen empfohlen.
Bei einer diagnostizierten aktiven Zöliakie ist lebenslang auf eine strenge glutenfreie Diät zu achten. Glutenhaltige Lebensmittel dürfen nicht mehr verzehrt werden. Wird kein Gluten mehr mit der Nahrung aufgenommen, heilt der geschädigte Darm und arbeitet wieder normal.
Durch konsequente glutenfreie Ernährung können die Symptome der Zöliakie behandelt werden, die eigentliche Krankheit bleibt jedoch ein Leben lang bestehen. Vorsicht ist geboten, denn selbst kleinste Mengen an Gluten können den Darm schädigen. Bereits 1/8 Gramm Weizen reicht dafür aus. Aber auch, wenn bei Diätverstößen keine Beschwerden bemerkbar sind, darf die glutenfreie Ernährung nicht aufgegeben werden.
Mögliche glutenfreie Ersatz-Lebensmittel entnehmen Sie bitte der Tabelle. Glutenfreie Rezepte finden Sie auf unserer Seite.
Da die glutenfreie Ernährung sehr komplex ist und kleinste Diätfehler sich (teilweise unbemerkt) negativ auswirken, wird allen Zöliakie-Betroffenen eine Beratung durch eine erfahrene Ernährungsfachkraft empfohlen. Die Kosten werden von den meisten Krankenkassen anteilig erstattet.
Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Grünkern, Dinkel, Kamut, Einkorn, Urkorn, Triticale, Durum und sonstige Weizenabkömmlinge.
Alle aus den verbotenen Getreidesorten genannten hergestellten Lebensmittel wie Grieß, Graupen, Flocken, Paniermehl, Nudeln, Spaghetti, Kleie, Mehl, Schrot, Couscous und Bulgur.
Gluten ist in den folgenden Produkten enthalten
Vorsicht ist geboten bei Fertigprodukten, die oft Mehl, Weizenstärke, Weizenkleie oder auch direkt Gluten als Bindemittel enthalten, wie zum Beispiel:
Wichtig ist neben der glutenfreien Nahrungsmittelauswahl auch die richtige Lagerung sowie Zubereitung der Speisen, um Verunreinigungen mit Gluten zu vermeiden. Bereits geringe Mengen an Gluten sind schädlich.
Sollten sie also im gleichen Haushalt glutenhaltige Lebensmittel für andere Personen verwenden, ist die Verunreinigung von Arbeitsgeräten (wie Toastern, Backformen, Getreidemühlen, Kochlöffeln, Geschirrtüchern, Arbeitsflächen) problematisch.
Folgende Produkte können Gluten enthalten
Alternativen zu glutenhaltigen | Glutenfreies Mehl zum Backen |
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Die Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. bringt regelmäßig eine aktuelle Liste mit glutenfreien Lebensmitteln und Medikamenten heraus. Erkundigen Sie sich dort gern direkt.
Damit ein Produkt "glutenfrei" genannt werden darf, muss es strenge Anforderungen erfüllen. Als glutenfrei gilt laut EU-Norm ein Lebensmittel mit maximal 2 mg Gluten pro 100g. Lebensmittel mit 2,1 mg Gluten pro 100g dürfen nicht mehr als glutenfrei gekennzeichnet werden.3
Für die glutenfreie Ernährung (Zöliakie-Diät) bieten Reformhäuser, Naturkostläden, Supermärkte und Drogerien spezielle Produkte.
Diese Lebensmittel sind entweder mit der Aufschrift "glutenfrei" gekennzeichnet oder sie enthalten das "Glutenfrei-Symbol" (Kreis mit der durchgestrichenen Ähre), das die Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. (DGZ) vergibt.
Stellen Sie glutenfreie Produkte her und möchten Sie in dieser Liste aufgeführt werden?
Schreiben Sie uns eine E-Mail.
Patienten- und Verbraucherorganisation für die Belange von kleinen und großen Patienten. Mitglieder erhalten Beratungen, Informationen und viele Serviceangebote - auch zum Thema Zöliakie.
http://www.daab.de, direkt: http://www.daab.de/ernaehrung/zoeliakie
Internetlinks abgerufen im Januar 2020